Lieferketten, Zölle, Nationalismus: Experten diskutieren Trend zur Deglobalisierung
Mit großen Schritten versuchen viele Länder der Welt die Globalisierung wieder zurückzuschrauben, allen voran die USA. Aber auch in Europa planen rechtspopulistische Regierungen mehr Nationalismus. Wie groß sind die Auswirkungen dieser Entwicklungen auf die Märkte? Fünf Experten diskutieren, wie sie mit dieser Situation umgehen.
Henriette Schulte · 05/02/2025
Reformkurs anderer Regionen aufgrund US-Abschottung?
Bernhard Matthes
Bank für Kirche und Caritas
Bereichsleiter Asset Management

Die neue Zoll- und Barriere-Politik der USA scheint primär politisch motiviert und weniger ökonomisch erklärbar. Den USA geht es um Rückholung von Produktion, der Schaffung von Industriearbeitsplätzen, der Reduzierung von Abhängigkeiten und um eine größere Subsistenz. Kurzfristig wird diese Politik zu Preissteigerungen in den USA führen, strukturell aber eher deflationär wirken.

Zölle konterkarieren die komparativen Produktions- und Wettbewerbsvorteile einer globalen Wirtschaft, in der jeder produziert, was er am besten und preislich wettbewerbsfähigsten kann. Eingriffe in das fragile System internationaler Arbeitsteilung und Spezialisierung rufen schwere Schäden in der Nutzenfunktion aller beteiligten Produzenten und Konsumenten hervor.

Ausblick und Folgeabschätzungen wahrscheinlicher Zollschäden hängen davon ab, ob ein Kompromiss- oder ein Nichtkompromiss-Szenario zum Tragen kommt. Mittelfristig dürften viele mit Zöllen belegte Länder ihrerseits lokale Stimulus-Maßnahmen ergreifen, was zu Aufwärtsdruck auf die Zinsen führen dürfte.

Eine Chance für Märkte könnte in einem durch die US-Abschottung erzwungenen Reformkurs anderer Regionen liegen. Eine stärkere Orientierung am Freihandel sowie eine gelockerte Fiskal- und/oder Geldpolitik könnten von den Märkten positiv aufgenommen werden. Auch Deutschland sollte sich um sehr gute Beziehungen zu den USA (und im ersten Schritt zügig um ein weitreichendes Freihandelsabkommen) bemühen, zugleich aber seine Handelspartner diversifizieren.

Die laufende Marktkorrektur bei US-Aktien hat die schon lange nötige Bewertungskorrektur eingeleitet. Vergangene Bärenmärkte zeigen, dass Märkte zunächst die Übertreibungen der vorausgegangenen Spekulationsblasen verarbeiten, bis ein tragfähigeres Bewertungsgleichgewicht erreicht ist. Die Volatilität an den Kapitalmärkten dürfte über die kommenden Wochen erhöht bleiben.

Greift ein Kompromiss-Szenario, liegt speziell für einige defensive, hochqualitative US-Unternehmen in den Bereichen Industrie, Konsum, Gesundheit oder Infrastruktur der Fokus nun auf den Chancen.

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