Schwellenländer waren in der Vergangenheit aufgrund ihrer wirtschaftlichen Instabilität eher eine riskantere Anlage – wie bewerten Sie das aktuelle Umfeld?
Evariste Verchere: Schwellenländer werden oft als riskanter im Vergleich zu entwickelten Märkten angesehen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Schwellenländer grundsätzlich höhere Risiken aufweisen. Tatsächlich gab es in der Vergangenheit auch in entwickelten Märkten Situationen, die politische Risiken bargen. Zudem können wirtschaftliche Risiken diversifiziert werden.
Es ist erwähnenswert, dass bestimmte Schwellenländer eine solide Haushaltsführung demonstriert haben. Dies zeigt, dass effektive Governance und eine solide Haushalts- und Finanzpolitik dazu beitragen können, Risiken zu mindern und zur Stabilität und zum Wachstum dieser Volkswirtschaften beizutragen. Bei der Bewertung von Anlagemöglichkeiten berücksichtigen wir auch die risikoadjustierten Renditen, und in Bezug auf Schwellenländer ist diese Analyse recht positiv.
Anstatt uns ausschließlich auf das Risiko zu konzentrieren, bewerten wir Investitionsmöglichkeiten, indem wir die Renditen im Verhältnis zu den damit verbundenen Risiken betrachten. Angesichts dieser Faktoren sind Schwellenländeranleihen unserer Ansicht nach eine Anlageklasse, die eine Aufnahme in Portfolios rechtfertigt.
Aktuell sei ein einzigartiges Umfeld für Schwellenländeranleihen – wie positionieren Sie sich angesichts aktueller Herausforderungen?
Verchere: Die aktuelle Situation ist in der Tat interessant. Der höhere US-Dollar-Kurs hat dazu geführt, dass Schwellenländeremittenten verstärkt in ihrer lokalen Währung emittieren. Obwohl das Risiko des El Niño weiterhin besteht, haben die geringeren Inflationsniveaus von Nahrungsmitteln und Energie den Zentralbanken in Schwellenländern etwas Spielraum gegeben. Es wird entscheidend sein, das Finanzierungspotenzial der Emittenten und ihre Anforderungen an Finanzierung in lokaler und harter Währung zu verstehen, um in den kommenden Jahren erfolgreich zu sein.
Angesichts dieser Trends nehmen wir eine vorsichtige Haltung gegenüber Emittenten ein, die durch makroökonomische Faktoren übermäßig belastet sind. Dies kann durch Verschuldung oder eine Fehlanpassung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten verursacht werden. Um sich in der sich entwickelnden Landschaft der Schwellenmärkte zurechtzufinden, ist es entscheidend, die Feinheiten dieser Faktoren zu verstehen.
Wie sind Sie in diesem Umfeld positioniert?
Verchere: Wir legen großen Wert auf Diversifikation in allen Bereichen der Investition. Wenn es um die Investition in Schwellenländer-Kredite geht, ist es entscheidend, potenzielle Underperformer zu vermeiden und Verluste effektiv zu bewältigen. Indem Anleger eine solide Risikomanagementstrategie umsetzen und auf verschiedenen Ebenen diversifizieren, können sie Portfolios aufbauen, die langfristig attraktive risikoadjustierte Renditen bieten und gleichzeitig kurzfristige Tail-Risiken effektiv managen.
In welchen Segmenten sehen Sie aktuell besonderes Potenzial und welche Segmente vermeiden Sie?
Verchere: Unser Ziel ist es, Unternehmen mit übermäßiger Verschuldung oder erheblichem kurzfristigem Finanzierungsbedarf zu vermeiden. Angesichts des jüngsten Anstiegs des risikofreien Zinssatzes ist es wichtig sicherzustellen, dass die Finanzierungskosten für diese Unternehmen nachhaltig bleiben. Durch eine sorgfältige Bewertung der finanziellen Gesundheit und Stabilität potenzieller Investitionen streben wir danach, die mit nicht nachhaltigen Finanzierungsstrukturen verbundenen Risiken zu mindern.
Wie bewerten Sie den aktuellen Zustand der Risikoaufschläge von Schwellenländeranleihen im Vergleich zur Historie?
Verchere: Bei der Bewertung der Risikoprämien für den niedrigeren Qualitätsbereich der Schwellenmärkte im Vergleich zu risikofreien Anlagen und aus historischer Sicht scheinen sie nicht besonders attraktiv zu sein. Unsere Präferenz liegt daher darin, sich auf hochwertige Emittenten zu konzentrieren, die attraktive reale Renditen bieten, obwohl es Ausnahmen von dieser Beobachtung geben kann.