Sieben Fondsmanager diskutieren das Value-Comeback: Muss das Portfolio jetzt umgeschichtet werden?
Value-Titel feiern nach jahrelanger Underperformance derzeit ein Comeback: Ist dies ein nachhaltiger Trend und sollten Investoren jetzt von Growth zu Value umschichten? Oder ist der aktuelle Value-Aufschwung nur ein kurzfristiges Strohfeuer, angetrieben durch positive Nachrichten zu einem möglichen Corona-Impfstoff? Sieben Fondsmanager äußern sich über ein mögliches Value-Comeback und geben Einblicke in ihre Portfolios.
Tim Habicht · 12/16/2020
Anteil an Modern-Value-Unternehmen sukzessive erhöht
Frank Fischer
Shareholder Value Management

Zuerst müssen wir uns fragen, ob die klassische Unterscheidung zwischen Value und Growth für langfristig orientierte Investoren in der Form noch Sinn macht. Die Wachstumsperspektive eines Unternehmens sollte immer in seine Bewertung miteinfließen. Die Unterschiede zwischen den beiden Investmentansätzen liegen deshalb eher in der Frage, in welchem Umfang diese Wachstumsperspektive in die Bewertung einfließt. Das klassische Value-Investing nach Benjamin Graham fokussiert stark auf den Unterschied zwischen dem Substanzwert eines Unternehmens und seinem Börsenwert. Daneben hat sich mit Modern Value ein Ansatz herausgebildet, der die Frage nach dem Mehrwert (Value) eines Investments in Form von Dividenden, Aktienrückkäufen, Wachstum und Rendite auf reinvestiertes Kapital (ROIIC) in den Vordergrund stellt. Im Gegensatz zum klassischen Graham-Value-Investing lässt Modern Value auch die Investition in höher bewertete Unternehmen zu, wenn die Kombination aus Wachstumsperspektiven und erwarteten ROIICs das rechtfertigt.

In den vergangenen Jahren, und noch einmal verstärkt während der Corona-Krise, waren an den Börsen vor allem wachstumsstarke Technologiewerte gefragt. Die Entwicklung war zum einen der Suche nach renditestarken Alternativen im Niedrigzinsumfeld geschuldet, mit dem Übergreifen der Corona-Pandemie auf die westlichen Volkswirtschaften wurde daraus ein Run auf die voraussichtlichen Krisengewinner. Unternehmen wie Facebook, Amazon, Alphabet oder Alibaba werden zwar gemeinhin der Kategorie der Growth-Aktien zugerechnet, lassen sich jedoch teilweise auch unter Modern-Value-Aspekten in ein Portfolio aufnehmen, wenn sie über einen strukturellen Wettbewerbsvorteil verfügen und eigentümergeführt sind. Zyklische Unternehmen, zum Beispiel aus dem Bereich der Luftfahrtindustrie, gerieten im Corona-Jahr 2020 aufgrund der Ungewissheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Auswirkungen der Pandemie unter die Räder. Klassischerweise kommen viele Unternehmen, die wir als Graham-Value-Werte klassifizieren würden, aus zyklischen Industrien.

Die Nachrichten über die erfolgreiche Erprobung und Zulassung gleich mehrerer Impfstoffe wurden im Spätherbst zu einem Gamechanger und führte zu einer Neubewertung zyklischer Unternehmen. Vor dem Hintergrund hoher Bewertungen der Technologiewerte richtete sich der Fokus der Anleger zunehmend auf Unternehmen, die einen hohen Substanzwert bei niedrigen Bewertungen aufweisen können. Wir haben im November den erfolgreichsten Börsenmonat für US-Small-Caps seit 25 Jahren gesehen. Darin ist sicher ein Rebound-Effekt enthalten, trotzdem glaube ich, dass der Trend zu unterbewerteten Graham-Value-Unternehmen längerfristig anhalten wird, weil grundsätzlich die Alternativen zu Aktien fehlen und bestimmte Segmente sehr hoch bewertet sind.

In unseren Portfolios haben wir in den vergangenen Jahren sukzessive den Anteil an Modern-Value-Unternehmen ausgebaut, haben aber daneben auch immer klassische Graham-Value-Unternehmen gehalten. Auch aktuell sehen wir hier wieder zunehmend attraktive Gelegenheiten. Entscheidend bleibt für uns letztendlich aber die Qualität der Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Label.

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